Tja, war das ein Tatort-Krimi? Definiert als mehr oder weniger spannende Sonntagabend-Unterhaltung, seit Jahrzehnten Bestandteil unserer Fernsehkultur, der des ARD-Fernsehens zumal, war dieser Tatort mit Ulrich Tukur - Murot, Alexander Held (Bosco) und Ulrich Matthes (Harloff) eigentlich keiner. Er war spannend bis zum Umfallen, tragisch bis zur Einsamkeit und er war, einmalig das, gespieltes Spiel. Es war wahrscheinlich der beste Tatort, den der Autor dieser Zeilen je gesehen hat. "Franziska" aus Köln war ähnlich spannend, aber verstörender und auch "klassischer". Dieser dagegen ist so vollständig aus dem Rahmen eines Tatortkrimis gefallen, dass es danach eigentlich keinen "klassischen" Tatort mehr geben kann. Alle nachfolgenden werden sich an diesem messen lassen müssen.
So - was war nun dran an diesem Krimi?
Ein bolivianischer Drogenboss, eigentlich Deutscher mit Polizeischulenvergangenheit, kehrt nach Deutschland zurück, um hier- nicht etwa ein neues Netz organisierter Kriminalität aufzubauen, sondern um - persönliche - Rache zu nehmen, begleitet von seinem Sohn, einem Aufratgskiller. Das ganze unterlegt mit klassischer Musik, unterlegt mit den theatermäßigen Einlagen eines Garagenbesitzers (Kaufmann von Venedig) mit eben diesem Tick, gespielt unnachahmlich von Alexander Held.
Nun die Szene am Bahnhof, bei der die ersten von insgesamt 43 Leichen entstehen (auch eine Spitzenleistung), ist reines Italowestern-Zitat. Passt aber. Den drei Söhnen des Bosco (der Garagist) folgt er selber in einer einmaligen Szene, bei der ein Laserpunkt wie ein roter Ball aus der Hand des Harloff mit den Teufelsaugen hinüber wandert zum Bosco und dort verharrt, Zielpunkt des tödlichen Schusses.
Murot, Ermittler mit der nun etwas weniger passgenauen Frau Wächter (Barbara Philipp), ist der ehemalige Freund des Harloff aus Polizeischulentagen, und sie haben gemeinsam ein bolivianisches Weib geliebt, Mariella mit Namen. Es entstand ein Kind. Der Sohn des Harloff (Golo Euler), man ahnt es allerdings früh, ist nicht dessen, sondern Murots Sohn. Und so nimmt die griechische Tragödie ihren Lauf, während derer eben diese 43 Leichen anfallen.
Als diese alle tot sind - shakespearische Ausmaße sind das - betritt Bosco wieder die Bühne und spricht den Abgesang "Denn Rache ist kein guter Rat..." und alle Schauspieler versammeln sich auf der Bühne, bevor der Vorhang fällt - Spiel im Spiel. Und so nimmt man in der Tat die Grausamkeiten des Hergangs weniger grausam, aber um so beispielhafter für die Vergeblichkeit eines Lebens, das sich allein aus der Rache speist. Der Sohn, der eigentliche Tragöde, erwürgt seinen Pseudovater, diesen verführerischen Teufel, und endet dann selber - tragisch eben, weil aussichtslos.
Am Ende steht aber dann doch ein befreiendes Schmunzeln...
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