Montag, 27. Mai 2013

Spiel auf Zeit

Der angeschossene Eisner in dem Tatort "Unvergessen" wurde hier nun doch vergessen. Und so doll war er nun auch wieder nicht.
Ganz anders der gestrige Tatort mit Thorsten Lannert (Ritchie Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) mit dem Titel "Spiel auf Zeit",  übrigens mit einer neuen Masche: Man kann selber online ermitteln. Ein Online-Spiel im Spiel auf Zeit. Ich halte das für ziemlichen Quatsch, bin natürlich einer der konventionellen Tatort-Indianer.
Der gestrige Streifen war sehenswert. Er enthielt gekonnte Aktionen (kein Ballerspiel wie bei Schweiger) mit psychologischem Tiefgang, mit einem geradezu sympathisch-kunstfertigen Oberganoven namens Victor de Man (Filip Peeters), der in eine zurückliegende Tragödie des Lannert (unverschuldet) verknüpft war, deshalb (oder deshalb nicht) einsaß (?) und ein Informant des Teams wurde. Dieser Sachverhalt war etwas unklar, wurde aber durch das spielerische Können der Akteure elegant ausgeglichen. Lannert vertraut dem de Man, läßt ihn vorübergehend frei, gefährliche Sache das...
Worum ging's?
Es wird ein Gefangenentransport von einer Ganovengruppe hochgenommen. Der Insasse, ein Zellengenosse des Man, bereitet "ein großes Ding vor", das aber in die falsche Richtung, quasi in die Irre als ein perfekt erscheinender Bankraub, führen soll. Die Polizisten gehen dem zunächst auf den Leim. In Wahrheit (was ist das?) bereitet aber der Informant und "Vertraute" des Lannert, diesen einschließend und als Werkzeug benutzend, ein anderes, größeres Ding vor, das im hochtechnisiert vorbereiteten Raub der Druckmatrix einer 200-Euro-Note besteht. Letztlich geht das schief, spannungsgeladen und mit bestens spielenden Akteuren, einschließlich der Staatsanwältin Alvarez... und de Man wandert wieder in den Knast, aber das Ganze harrt einer Fortsetzung, denn die Geschichte mit dem missbrauchten Vertrauen und die Vorgeschichte selber (Lannerts Familie) sind nicht völlig geklärt.
Es gibt auch einen Seitenstrang der Handlung: Bootz' Frau will sich scheiden lassen zugunsten eines Rollstuhlfahrers (vielleicht ein bisschen zu behinderten-korrekt?), und die Wut, mit der Bootz nun aufgeladen ist, entlädt sich teilweise im Einsatz. Gute Einbindung dennoch.
Also guter Tatort, spannend und auch gespannt, was noch kommen mag...

Dienstag, 14. Mai 2013

Borowski und der brennende Mann

Kieler Tatort mit Mankell-Charme. Spielt zwar nicht in Schweden, aber wenigstens in Dänemark. Borowski (Axel Milberg) und Frau Sarah Brandt, die Epileptikerin im Polizeidienst (Sybil Kekilli) ermitteln in einem äußerst skurrilen Fall, der sowohl im nördlichsten teil der BRD, in Dänemark und in der jugendlichen Vergangenheit des Vorgesetzten Thomas Schladitz (Thomas Klügel) spielt. Es geht thematisch um nicht aufgearbeitete Flüchtlingsprobleme der Nachkriegszeit. Man hat sie ja nicht überall geliebt oder mit offenen Armen empfangen, diese Schlesier, Pommern oder Sudetendeutsche, so auch hier...

Beim Lucia-Fest-Umzug an einer dänischen Schule steht plötzlich ein Mann lichterloh in Flammen. Kriminalrat Schladitz, der an diesem Ort seine Kindheit verbracht hat, wird zum unfreiwilligen Zeugen des brutalen Anschlags. Der Tote, Michael Eckart, war hier Schulleiter und ist Mitglied der dänischen Minderheit. Zunächst deutet alles darauf hin, dass der Mörder im direkten Umfeld des Toten zu finden ist. Doch dann entdeckt Kommissar Klaus Borowski ein Geheimnis, das in die Nachkriegsgeschichte von Schleswig-Holstein zurückreicht. Bei ihren Ermittlungen bekommen die Kieler Kommissare Amtshilfe von der hochmotivierten Südschleswiger Kommissarin Einigsen, die voller Elan in ihrem ersten Mordfall ermittelt. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Kriminalrat Schladitz erleidet einen Autounfall, offenbar weiß er mehr über die Identität des Toten, als er seinem Freund und Kollegen Klaus Borowski erzählt hat.
Auftritt auch noch eine junge, sympathische Ermittlerin, die der dänischen Minderheit in dieser Region entstammt: Frau Einigsen (Lisa Werlinder), so mitreißend authentisch, dass man sie noch öfter sehen möchte.
Es geht dann um die Nachkriegsvergangenheit einer Gruppe Schüler, die in einem Flüchtlingshaus mit ungeliebten pommerschen Flüchtlingen ein Feuer legt, in dem die Familie bis auf einen überlebenden Jungen umkommt.
Der scheint dann - zwar erfolgreicher Unternehmer in Kopenhagen - Vergeltung üben zu wollen, denn alsbald kommen noch weitere Mitglieder der Jugendgang ums Leben, verbrennen oder werden erschossen.
Es stellt sich aber schlussendlich und mit einem Shootdown, der ein bisschen zu aktionistisch wirkt, heraus, dass ein weibliches (sic!) Mitglied, Anja Jürgensen (Johanna Gastdorf) der Gang esoterische Sühnejustiz übt: sie ist nämlich die Mörderin und Brandstifterin.
Fazit: ein wieder mal toller, spannender und tief gehender Krimi, der es verdient auf einer Skala von 1 bis 10 (schlecht, sehr gut) mit 9 oder 10 bewertet zu werden.

Trautes Heim

Der achtjährige Lukas wurde auf offener Straße entführt. Und auf der Flucht vom Tatort tötet der Kidnapper gleich auch noch den einzigen Zeugen. Ballauf und Schenk stehen vor einem Rätsel. Warum wurde der Junge verschleppt? Geht es um Erpressung? Lukas kommt aus einer intakten Familie, die in einfachen Verhältnissen lebt. Oder ist hier ein Sexualstraftäter am Werk?
Max Ballauf (Klaus J.Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär)  servierten endlich mal wieder strenge und klassische Krimikost. Keine Kekilli, Kunzenberg und auch nicht der auserzählte Börne. Irgendwie  war das auch wieder sehenswert und das auch, weil die Handlung auch für mich nachvollziehbar und überschaubar war. Im edlen Wettstreit der frühen Täterfindung war ich gegen Marita diesmal schneller. Das will was heißen. Zwei Schwerpunkte:
1. Das Moralische: Mann mit zwei Familien, der sich dazu bekennt. Zwei glaubwürdig verunsicherte und verzweifelnde Frauen. Zwei Kinder. Und was Neues: Eine sog. "Alibi-Agentur", die maßgeschneidete Alibis für Seitensprung-Ehemänner zimmert. Toll. Aber nun beginnt der zweite Handlungsstrang:
2. Das Kriminelle: ein Entführungsszenario eben dieses Kindes, veranstaltet vom Schwager, aus Rache wegen eines früheren Konflikts und um Money bei einem Software-Spezialisten freizupressen: Kreditkartenbetrug als Modell. Um einen Mord einzupassen (muss sein), wird ein motorradfahrender Zeuge brutal überfahren.
Ging natürlich alles schief, der Ehemann gibt sich zerknirscht und die Kommissare, teilweise leicht überfordert, brachten es zu gutem Ende.
Also, unkompliziert und eben klassisch, man atmet auf. Auch mal wieder nötig, vor den zutiefst verunsichernden wahren Krimi-Episoden des Schirach, die folgten....