Montag, 28. November 2011

Ein ganz normaler Fall

Der Tatort (Nemec, Wachtveitl) wandelte sich gestern zum Studierzimmer über den Umgang mit jüdischen Gebräuchen, unterlegt von einem - nun ja, muss in einem Tatort sein - "Mordgeschehen". Der Plot ist schnell erzählt - in einer Synagoge geschieht nach einem Selbstmord einer Unternehmertochter (jüdisches Unternehmen!) ein Mord an einem Rabbi, der eine Treppe hinuntergestürzt wird. Es ist schlussendlich ein etwas beschränkter Rabbiner-Gehilfe, der sich, wie wir lernen, Schammes nennen darf. Das aber ist schon alles. Viel mehr geht es um die Rolle des deutschen Judentums in der deutschen Gesellschaft. Politisch korrekt, wird vermittelt, dass man mit den Juden bitte normal umgehen soll, kein Behandlung und schon gar keine Sonderbehandlung. Naja. Daher also der Titel. Und ein wohl ausgesuchter Pressesprecher, der dieses aussagt, muss natürlich a) eine Frau sein, und b) in der Öffentlichkeit rauchen. Das ist die Normalität. Ansonsten eigentlich ganz unterhaltsam, aber eigentlich kein Tatort-Klassiker. Hier wurden jüdische Bräuche im Sabbat dem Publikum erklärt, etwa dass der flüchtige Verdächtige nach 2000 "jüdischen Ellen" (etwa 1 km) stehen bleiben muss, da man während des Schabbes nicht weiter rennen darf... Deshalb und nur deshalb fassen ihn dann die Kommissare. Oder: ein Rabbi erklärt Synagogenschülern die logische Falle bei der Frage ob Gott allmächtig sei. Denn wenn er einen Berg schaffen könne, den er nicht mehr heben könne, dann sei er eben nicht allmächtig, und wenn er diesen Berg nicht schaffen könne, sei er es ebenfalls nicht... Alter logische Witz das, aber kommt immer wieder an. Einer der Kommissare macht einem politisch überkorrekten Staatsanwalt gegenüber weis, er sei eigentlich Halbjude (Kühn=Cohn), doch der Witz ist eben hart am "unkorrekten" Bild. Also lieber schnell korrigieren... Unterm Strich: interessant, aber nicht mehr. Schade eigentlich, denn man hätte mehr draus machen können. Aber was? Unsere deutschen Juden leben in der Tat geräuschlos und "normal" unter uns und sind unsere akzeptierten Mitbürger. Zum Glück und auch deshalb kein Plot für einen Tatort mit solchen künstlichen Überhöhungen und konstruierten Problemebenen...

Montag, 21. November 2011

Der Tote im Nachtzug.

Dies war mit Krol/Steier und Kunzenberg/Mey ein ungewöhnlich unterhaltsamer Krimi vom 20.11.2011, der von skurrilen Einfällen und Wendungen voll war. Der Plot war, und das ist in Tatortkrimis auch nicht so häufig, er war plausibel. Krimineller Selbstmörder stellt einen Raubmord nach, bringt einen ehemaligen Dealerfreund in Verdacht und später aus der Welt, verschafft durch das einfühlsame Vorgehen des Ermittlergespanns der Witwe eine ansehnliche Summe aus der Lebensversicherung…
Das Nachstellen der Tat im stillgelegten Zug z.B. war einmalig. Die merkwürdig unmotiviert agierende und im entscheidenden Moment versagende MAD-Truppe passte auch irgendwie. Krol bärbeißig und super gespielt - und nun die Mey.
Kurze Jogginghose, tiefe Einblicke, rascher One-Night-Stand nach Mata Hari -Manier mit dem nicht unattraktiven Feldjäger, loses Mundwerk, und breitbeiniges Sitzen in der "Lage", man sieht praktisch alles, also das war zuviel. Diese Art Kommissarin hätte man sich wegen der fehlenden Glaubwürdigkeit auch sparen können. Die Gute passt nun überhaupt nicht ins Klischee. Vergleich sie mal mit der Lindholm, das lohnt sich. Auf diese frivole Lady, die nun so gar nichts mit der Realität zu tun hat (mancher würde sie sich vielleicht wünschen), kann man verzichten, sie hat zu verschwinden. Ich bin nicht frauenfeindlich!
Aber als Krimi war's an diesem Sonntagabend gut!

Einleitung



Man weiß ja, der Sonntagabend ist für Fernsehkonsumenten, die wir ja alle mehr oder weniger sind, bestimmt durch den Tatort-Krimi, den es seit "Taxi nach Leipzig" (aus dem Jahre 1970 mit dem Kommissar Trimmel) gibt. Früher schlossen sich noch Sabine oder dann Anne (Will, aber kanns nicht) an, jetzt ist es der negligeable Jauch. Aber Tatort bleibt Tatort, und ich bin einer von den fast regelmäßigen und teilweise begeisterten Zuschauern, als Rentner eben. Dabei lohnt es sich, dem Tatort, eben weil er sich so lange im Fernsehgarten der BRD gehalten hat, auch als gesellschaftlichen Spiegel zu betrachten. Milieus, Unterschichten, organisiertes Verbrechen, Skandale und auch aktuelle Reizthemen (Afghanistan) sind die Gegenstände der regional bestimmten Krimis, und wir haben manche Kommissare einfach lieb gewonnen, z.B. Schimanski, Thiel (im Doppel mit Börne), Bienzle und etwa als Frau Kommissarin die Lindholm. Blass und oft überzogen hingegen die Odenthal, Lührsen, Mattes,Saalfeld-Keppler).
Und wir haben auch teilgenommen am Streit über den Rauswurf der saarländischen Kommissare Deininger und Kappl, die gerade dabei waren, sich Sympathien zu erobern.
Ich will also in den folgenden Blogs versuchen, die jeweiligen Tatorte des Sonntags am folgenden Montag zu besprechen, weil ich es einfach schade finde, dass in den Medien nur gelobhudelt und nicht kritisch genug umgegangen wird. Manche sind eben sehr gut, manche dagegen sind krottenschlecht...