Montag, 9. Dezember 2013

Schwindelfrei

Eine ziemlich schräge Geschichte, und eine, die man zum Schluss nicht verstanden hat. Allerdings, so, wie es einer der Kommentatoren in der Welt schrieb, man möge nämlich die Tukurszene, in der er den Fernseher ausschaltet, als wichtigen Fingerzeig nehmen, so schlimm war es nun auch wieder nicht. Worum ging es? Nur um Kommissar Murot (Ulrich Tukur) mit seiner Assistentin Wächter? Keineswegs, es war ein sehr sehenswerter, grenzwertig spannender (!) Krimi, der die schillernde Zirkuswelt so authentisch darstellte und auf den Schirm brachte, dass die eigentliche Handlung dabei völlig in den Hintergrund trat (und treten konnte). Zum Schluss wusste man nicht ganz genau, wie der Messerwerfer Pascha die beiden Opfer tatsächlich umgebracht hatte, nur dass er es gewesen war, mit Messern eben, fies und rachelüstern, übrig gebliebener Kosovosoldat, das war klar. Wunderschöne Szenen, dichtender, musizierender Tukur als Undercover in ebendiesem Zirkus, eine wahnsinnige Clownsmaske, grelle Artisten, durchtriebene Alkoholiker, Zazie de Paris als Hundedompteuse mit einem pinkfarbenen Pudel. Herrlich. Ein philosophierender Zirkusdirektor, ein enttäuschter Clown, alles wunderschön. Und der Pascha noch dazu ein böser Messerwerfer, bringt er nun das "sanfte" Oder in der Arena auch noch um? Nein. Niemals. Aber er wird in Versform überführt. Von Tukur. Schöner, sehenswerter Tatort, wenn auch kein übermäßig spannender Film mit dem (verborgenen Schwerpunkt Zwangsprostitution). Muss aber auch nicht sein. Tukur genügt. Und Zazie!! Übrigens trotz der blasierten Kritiken überraschen gute Einschaltquoten. Eben.

Montag, 4. November 2013

Kalter Engel

Es ist immer wieder so: da sind sich die meisten der Tatortkritiker recht einig darüber, dass dieser Erfurter Tatort banal, langweilig und Derrick-haft daherkam. Da teile ich deren Meinung völlig, jedoch würde ich mich nicht dazu versteigen, zu mutmaßen, dass ein solcher Plot nur deshalb so schlecht war, weil die Dramaturgen und Drehbuchschreiber nicht wussten, was sie taten. Besseres Drehbuch, besserer Krimi? OK, das kann Sinn machen, doch hier - und bei vielen anderen "neuen" Tatort-Inszenierungen - waren die schauerliche schauspielerische Leistung und die tragende Idee der aufgesetzten, nicht aber umgesetzten Jugendlichkeit eben nicht tragend.
Spannung? Keine. Handlung? Keine. Es ging um einen Serienmörder, dem der letzte Mord allerdings nicht angelastet werden konnte, der war, banal, banal, Opfer einer verschmähten Liebesbeziehung. Das war's dann aber schon, abgesehen von konstruierten Geschehnissen wie Pillenverkauf, erpressbarer Chefarzt (aha) und Escortservice im Studentenmilieu. Absoluter Horror war das nicht, auch nicht ansatzweise...

Einer schrieb richtig: Würde man diese Ermittler rufen, wenn man ihrer bedürfe? Niemals, denn sie würden einem die Wohnung kaputttreten. Und dann diese merkwürdige Fehlbesetzung Johanna. Besserwisserei im Quadrat; man fragt sich, worin könnte der Sinn einer solchen Figur liegen? Vielleicht weil die Ermittler nicht gerade Exponenten von Intelligenz waren?
Also: Diesen Tatort kann man getrost vergessen. Hoffentlich folgen keine nach.

Montag, 28. Oktober 2013

Aus der Tiefe der Zeit.

Die Süddeutsche Zeitung: "Ein hervorragend inszenierter, extrem mutiger Tatort, der manchmal sogar heimelig wird."
Wahr ist aber nun: das war ganz großer Mist, dieser Tatort. 
Dominik Graf hat diesen Tatort inszeniert. In Vorabwürdigungen (s.o.) wurde das Machwerk sehr gelobt und als ein einzigartiger Krimi-Film, der seinesgleichen suche, herausgestellt. 
Nicht nur, dass die Handlung verworren war, die optischen, wohl künstlerisch gemeinten  Reize, die auf wie Zuschmiere wirkten, waren cinemaxx-artig übersteigert, aber man konnte sich vor ihnen nicht retten. Man schrieb heute, einschlafen habe man vor diesem Reizwerk wohl nicht können. Ich setzte hinzu, aber abschalten hätte man können, wäre nicht dieser abendliche Tatort-Ritus gewesen, der einen seit Max Palus und Eva Mattes Zeiten dennoch vorm Fernseher hält; es könnte ja noch was kommen.
Die vielen Handlungsstränge dieses in München mit den eigentlich noch am ehesten echt wirkenden Leitmayr und Batic spielenden "Krimis" waren dabei so schlecht organisiert, man hätte sie nicht erkennen können:  Neonazis aus dem alten Kroatien und eine SS-Offiziersleiche sind mit einem Bauskandal der Münchner Gentrifizierung mit Korruption und Missgunst verquickt: immerhin vier Leichen, durch Mord und Selbstmord. Offen ist auch, wer waren denn nun eigentlich der oder die Täter?

Es war eine unmögliche Zumutung für den Zuschauer. Ich lobe mir dann doch Eisner und Co. aus Wien, auch Thiel und Börne in Münster können noch mithalten, im Vergleich zu diesem saublöden Tatort. Er war einfach nicht schön anzusehen…

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Die chinesische Prinzessin

Börne und Thiel waren wieder auf Achse, und sie gaben wieder (fast) alles. Mit von der Partie der Vater Thiels, und Nadeshda, die assimilierte Russin. Hübsch, verführerisch und den armen Thiel in Nöte bringend... Das ist aber nur die Randgeschichte. Hauptsächlich ging es um eine wirre Geschichte aus Mord an einer "chinesischen Prinzessin", Künstlerin und Verstrickte, sowie um Verschwörung, um Geheimdienste und die geheimen Machenschaften der chinesischen Mafia, Triaden genannt. Der ernste Hintergrund: die unterdrückten Uiguren und die chinesische Regierung spielen in Deutschland  ihr fieses Spiel. Natürlich war auch das BKA mit von der Partie. Börne war dabei das eigentliche Opfer, denn er wurde als Täter des Mordes an der chinesischen Künstlerin in einer skurrilen, ebenfalls zweideutigen Situation in seinem Institut (er zeigt ihr seine Leichen...) verdächtigt.
Kurz und gut, er wurde auf den Kopf geschlagen, rehabilitiert (durch Alberich) und das BKA "übernahm". Die Geschichte blieb also offen.
Das scheint das eigentlich Gute an diesem Tatort zu sein, der unerbittliche, alle Fragen offen lassende Schluss. Aber sonst: kein Witz, nur Witzischkeit, keine Handlung, nur lose Enden, kein Talent...
Note: schlecht bis Mittelmaß.

Montag, 7. Oktober 2013

Freunde bis in den Tod

Ludwigshafener Abend. Der Plot: Schule, Nacktfotos auf Handykamera von Schülerin im Netz, erschossener Schüler, der einen Amoklauf plant, Nachahmer-Freund scheitert dank Kopper und Odenthal (oder nicht?).
Egal: missverständlicher und langweiliger Tatort. Uralt-Ermittlerteam, fast heranreichend an die Uralttruppe von Polizeiruf 110 (Schmücker etc.). Man glaubt fast, dass die beiden schon während der Dreharbeiten jeden Schwung aufgegeben haben. Motto: eh egal... Wir bleiben. Man sollte sie aber in Frührente schicken.
Man kann den Tatort gestern getrost vergessen. Schade.

Samstag, 21. September 2013

Angezählt

Hier treten auf Harald Krassnitzer als Moritz Eisner und Adele Neuhauser als Bibi Fellner, die chaotisch-liebenswerte und sympathisch-unansehnliche Kommissar-Kollgin, die auch einem Gläschen nicht abgeneigt ist, aus der "Sitte" stammt und einen "Firebird" eines Kriminellen fährt, da ihr eigenes Auto schrottreif ist. Also was Besonderes.
Es geht um eine Ex-Prostituierte, die von einem 12-Jährigen mit Benzin angesprüht wird und, da sich die Benzinwolke an der brennenden Zigarette entzündet, an den Verbrennungen stirbt. Mord, allerdings etwas unprofessionell, denn woher konnte der Junge wissen, dass die Frau gerade dann eine Zigarette raucht, oder dass er es darauf anlegt, eben dann zu sprühen, wenn sie gerade raucht - eine für einen Jährigen aus  dem Milieu vielleicht etwas zu professionelle Leistung?
Bibi selber ist in psychotherapeutischer Behandlung.
Das einschlägige Milieu ist Bibi nicht unbekannt und das Opfer eines Ihrer Schützlinge, das sie auf ihrem Mobiltelefon sogar um Hilfe ruft, was sie aber wegdrückt, da sie gerade bei der Therapeutin ist.
Der Plot dehrt sich um Ausländerprostitution, Mädchenhandel und alles was damit zusammenhängt.Gut gemachter Krimi, mit doch wieder alltäglichem Ausgang. Das Opfer hatte Beweise über den Mädchenhandel -  und deshalb musste sie sterben.
Spannend und sehr gut besetzt, aber doch leider wieder zu schematisch.

Dienstag, 10. September 2013

Gegen den Kopf

Eine tödlich endende Eskalation zwischen Jugendlichen und einem so genannten unbescholtenen Bürger ist der Aufhänger des neuesten Tatorts, der die langweilige Sommerpause der nicht enden wollenden Wiederholungen nun doch beendet. Das Thema ist brisant und wurde in einer nachfolgenden Talkshow weiter diskutiert. Der Bürger - nicht so unbescholten,
wie es zunächst aussah - war im Rotlichtmilieu nicht unbekannt. Aber der Reihe nach:
Es begann in einer Berliner U-Bahn morgens um vier Uhr. Die Jugendlichen attackierten einen alten Behinderten, der Bürger ging dazwischen (Zivilcourage!) und machte ein Foto, das die Eskalation begründete. ER wurde dann erschlagen, brutal, mit Tritten gegen den Kopf, und nun startete die Ermittlungsmaschine. Hier die erste Besonderheit: die Kripo machte ungebremsten Gebrauch von allen Möglichkeiten der Überwachung und Smartphone- oder Handyverfolgung per Funkmmastidentifizierung, beklemmend, wie weit diese Überwachung schon fortgeschritten ist. Kurz und gut, die beiden wurden gefasst und beschuldigten einander ungehemmt gegenseitig. Nur ein bei einer Nutte gefundenes Smartphone des Opfers, das auf einen Anrufbeantworter geschaltet war, ergab dann, dass das Söhnchen aus besserem Hause der Täter war. Der andere, auf Bewährung, der eigentlich nach Täter aussah, war es eben nicht.
Was lernen wir? Die "Söhnchen" sind die schlimmen, dieser konnte noch nicht mal genau sagen, warum er ausflippte (hatte Liebeskummer...) In dieser Welt leben wir nun mal.
Guter Krimi. Gute Darsteller, guter Plot.

Freitag, 19. Juli 2013

Kurze Nachricht

Zur Zeit laufen im Fernsehen - so machen die das - nur Wiederholungen. Und nicht mal gute. Daher ist auch hier im Blog die Sommerpause eingetreten. Bis bald, d.h. so ab September...

Montag, 27. Mai 2013

Spiel auf Zeit

Der angeschossene Eisner in dem Tatort "Unvergessen" wurde hier nun doch vergessen. Und so doll war er nun auch wieder nicht.
Ganz anders der gestrige Tatort mit Thorsten Lannert (Ritchie Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) mit dem Titel "Spiel auf Zeit",  übrigens mit einer neuen Masche: Man kann selber online ermitteln. Ein Online-Spiel im Spiel auf Zeit. Ich halte das für ziemlichen Quatsch, bin natürlich einer der konventionellen Tatort-Indianer.
Der gestrige Streifen war sehenswert. Er enthielt gekonnte Aktionen (kein Ballerspiel wie bei Schweiger) mit psychologischem Tiefgang, mit einem geradezu sympathisch-kunstfertigen Oberganoven namens Victor de Man (Filip Peeters), der in eine zurückliegende Tragödie des Lannert (unverschuldet) verknüpft war, deshalb (oder deshalb nicht) einsaß (?) und ein Informant des Teams wurde. Dieser Sachverhalt war etwas unklar, wurde aber durch das spielerische Können der Akteure elegant ausgeglichen. Lannert vertraut dem de Man, läßt ihn vorübergehend frei, gefährliche Sache das...
Worum ging's?
Es wird ein Gefangenentransport von einer Ganovengruppe hochgenommen. Der Insasse, ein Zellengenosse des Man, bereitet "ein großes Ding vor", das aber in die falsche Richtung, quasi in die Irre als ein perfekt erscheinender Bankraub, führen soll. Die Polizisten gehen dem zunächst auf den Leim. In Wahrheit (was ist das?) bereitet aber der Informant und "Vertraute" des Lannert, diesen einschließend und als Werkzeug benutzend, ein anderes, größeres Ding vor, das im hochtechnisiert vorbereiteten Raub der Druckmatrix einer 200-Euro-Note besteht. Letztlich geht das schief, spannungsgeladen und mit bestens spielenden Akteuren, einschließlich der Staatsanwältin Alvarez... und de Man wandert wieder in den Knast, aber das Ganze harrt einer Fortsetzung, denn die Geschichte mit dem missbrauchten Vertrauen und die Vorgeschichte selber (Lannerts Familie) sind nicht völlig geklärt.
Es gibt auch einen Seitenstrang der Handlung: Bootz' Frau will sich scheiden lassen zugunsten eines Rollstuhlfahrers (vielleicht ein bisschen zu behinderten-korrekt?), und die Wut, mit der Bootz nun aufgeladen ist, entlädt sich teilweise im Einsatz. Gute Einbindung dennoch.
Also guter Tatort, spannend und auch gespannt, was noch kommen mag...

Dienstag, 14. Mai 2013

Borowski und der brennende Mann

Kieler Tatort mit Mankell-Charme. Spielt zwar nicht in Schweden, aber wenigstens in Dänemark. Borowski (Axel Milberg) und Frau Sarah Brandt, die Epileptikerin im Polizeidienst (Sybil Kekilli) ermitteln in einem äußerst skurrilen Fall, der sowohl im nördlichsten teil der BRD, in Dänemark und in der jugendlichen Vergangenheit des Vorgesetzten Thomas Schladitz (Thomas Klügel) spielt. Es geht thematisch um nicht aufgearbeitete Flüchtlingsprobleme der Nachkriegszeit. Man hat sie ja nicht überall geliebt oder mit offenen Armen empfangen, diese Schlesier, Pommern oder Sudetendeutsche, so auch hier...

Beim Lucia-Fest-Umzug an einer dänischen Schule steht plötzlich ein Mann lichterloh in Flammen. Kriminalrat Schladitz, der an diesem Ort seine Kindheit verbracht hat, wird zum unfreiwilligen Zeugen des brutalen Anschlags. Der Tote, Michael Eckart, war hier Schulleiter und ist Mitglied der dänischen Minderheit. Zunächst deutet alles darauf hin, dass der Mörder im direkten Umfeld des Toten zu finden ist. Doch dann entdeckt Kommissar Klaus Borowski ein Geheimnis, das in die Nachkriegsgeschichte von Schleswig-Holstein zurückreicht. Bei ihren Ermittlungen bekommen die Kieler Kommissare Amtshilfe von der hochmotivierten Südschleswiger Kommissarin Einigsen, die voller Elan in ihrem ersten Mordfall ermittelt. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Kriminalrat Schladitz erleidet einen Autounfall, offenbar weiß er mehr über die Identität des Toten, als er seinem Freund und Kollegen Klaus Borowski erzählt hat.
Auftritt auch noch eine junge, sympathische Ermittlerin, die der dänischen Minderheit in dieser Region entstammt: Frau Einigsen (Lisa Werlinder), so mitreißend authentisch, dass man sie noch öfter sehen möchte.
Es geht dann um die Nachkriegsvergangenheit einer Gruppe Schüler, die in einem Flüchtlingshaus mit ungeliebten pommerschen Flüchtlingen ein Feuer legt, in dem die Familie bis auf einen überlebenden Jungen umkommt.
Der scheint dann - zwar erfolgreicher Unternehmer in Kopenhagen - Vergeltung üben zu wollen, denn alsbald kommen noch weitere Mitglieder der Jugendgang ums Leben, verbrennen oder werden erschossen.
Es stellt sich aber schlussendlich und mit einem Shootdown, der ein bisschen zu aktionistisch wirkt, heraus, dass ein weibliches (sic!) Mitglied, Anja Jürgensen (Johanna Gastdorf) der Gang esoterische Sühnejustiz übt: sie ist nämlich die Mörderin und Brandstifterin.
Fazit: ein wieder mal toller, spannender und tief gehender Krimi, der es verdient auf einer Skala von 1 bis 10 (schlecht, sehr gut) mit 9 oder 10 bewertet zu werden.

Trautes Heim

Der achtjährige Lukas wurde auf offener Straße entführt. Und auf der Flucht vom Tatort tötet der Kidnapper gleich auch noch den einzigen Zeugen. Ballauf und Schenk stehen vor einem Rätsel. Warum wurde der Junge verschleppt? Geht es um Erpressung? Lukas kommt aus einer intakten Familie, die in einfachen Verhältnissen lebt. Oder ist hier ein Sexualstraftäter am Werk?
Max Ballauf (Klaus J.Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär)  servierten endlich mal wieder strenge und klassische Krimikost. Keine Kekilli, Kunzenberg und auch nicht der auserzählte Börne. Irgendwie  war das auch wieder sehenswert und das auch, weil die Handlung auch für mich nachvollziehbar und überschaubar war. Im edlen Wettstreit der frühen Täterfindung war ich gegen Marita diesmal schneller. Das will was heißen. Zwei Schwerpunkte:
1. Das Moralische: Mann mit zwei Familien, der sich dazu bekennt. Zwei glaubwürdig verunsicherte und verzweifelnde Frauen. Zwei Kinder. Und was Neues: Eine sog. "Alibi-Agentur", die maßgeschneidete Alibis für Seitensprung-Ehemänner zimmert. Toll. Aber nun beginnt der zweite Handlungsstrang:
2. Das Kriminelle: ein Entführungsszenario eben dieses Kindes, veranstaltet vom Schwager, aus Rache wegen eines früheren Konflikts und um Money bei einem Software-Spezialisten freizupressen: Kreditkartenbetrug als Modell. Um einen Mord einzupassen (muss sein), wird ein motorradfahrender Zeuge brutal überfahren.
Ging natürlich alles schief, der Ehemann gibt sich zerknirscht und die Kommissare, teilweise leicht überfordert, brachten es zu gutem Ende.
Also, unkompliziert und eben klassisch, man atmet auf. Auch mal wieder nötig, vor den zutiefst verunsichernden wahren Krimi-Episoden des Schirach, die folgten....

Montag, 29. April 2013

Feuerteufel

Und wieder ein neuer Kommissar: Herr Falke (Wotan Wilke Möhring) tritt in Hamburg (Konkurrenz zu Til Schweiger? Das wäre zu klären!) auf, und er erträgt die zeitweilige Mitarbeit einer Hospitantin namens Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) nur schwer. Er zieht eine klare Linie durch, die einer recht schnörkellosen Handlung folgt: Ein Auto brennt und eine darin befindliche Frau wird (ohne Brandspuren) tot, aber vor dem ausgebrannten Auto gefunden, nachdem der Brandstifter, ein konfuser Junge, der seiner Freundin mit dem Brand imponieren will, in purem Erschrecken ("Das wollte ich nicht") die Polizei alarmiert hat. Er hat von dem ganzen Vorgang ein Smartphone-Video gedreht. Autos brennen in Hamburg dauernd, und die Anarchoszene lebt davon.
Der Junge wird von einer Jugendbande zusammengeschlagen, und das Handy gerät in falsche Hände. Der Junge bekommt das Mobile wieder, verletzt aber den neuen Besitzer schwer. Ziemlich schlimme Sache, und der Kommissar, der seine Kollegin politisch inkorrekt nur schwer erträgt, nimmt ihn nun doch als offenkundigen Täter fest, als er den Ehemann der Frau bedroht  Dieser wohlhabende Mann aber startet ein privates Kopfgeldprogramm (25.000 Euro), allerdings nur zum Schein, denn schnell wird klar, der Mann hat "Dreck am Stecken". Auch eine Bürgerinitiative, gegen die Autobrände ins Leben gerufen ("die Polizei tut ja doch nix"), macht Probleme, als sie einen Unschuldigen zu Tode hetzt.
Zum Schluss wird a) der Mann in einer Gegenüberstellung als Täter entlarvt (Motiv: eine psychisch haltlose und tablettenabhängige Ehefrau treibt ihn zur Tat) und b) der Kommissar doch noch zu einer positiven Haltung seiner Kollegin gegenüber gewandelt. Diese bleibt.
Wie war der Tatort? Viel Gewaltszenen, wenig Spannung. Mittelprächtig. Möhring war immerhin recht gut, auch weil das Genderthema endlich mal wieder vom Kopf auf die Füsse gestellt wurde. Herr Falke ist der Aktive, Frau Lorenz dagegen die Passive, aber deswegen gerade nicht unsympathisch.

Montag, 15. April 2013

Wer das Schweigen bricht

Frank Steier (Joachim Krol), Conny Mey (Nina Kunzendorf) sind wieder die Akteure dieses Tatorts aus dem Justizvollzugsmilieu - in Frankfurt. Sie läßt gleich am Anfang erkennen, dass dies ihr letzte Einsatz sein soll. Dieser Steier spielt den mürrischen, kommunikationsarmen Kommissar wieder sehr gut, die Kunzenberg hält sich (aus obigen Gründen wohl) diesmal mehr zurück und überlässt die Szene fast ganz dem Steier, der insgeheim trinkt.
Ein recht eckiger, um nicht zu sagen unappetitlicher Kommissar, aber er spielt sehr gut. Die Kunzenberg weniger, etwas ironisch und abgesondert, überhaupt: die Hauptdarsteller sind kein Team, sondern eher eine Zweckgemeinschaft. Sie mögen sich nicht oder zeigen es wenigstens nicht.
Die Handlung:
ein Insasse der JVA, in der Jugendliche resozialisiert werden, wird ermordet, und ihm werden postmortal die Zehennägel gezogen. Man denkt erst an Folter, doch es ist ein Signal (welches?) des Mörders, eines weiteren Insassen, der sich wegen Geldforderungen aus unbezahltem Drogenhandel rächen will und sich nun selber die eigenen Zehennägel zieht. Dieses gehe, sagt die Kliniks-Hautärztin, weil der an Psoriasis leidet, was wohl eine Art Schmerzfreiheit ermöglicht (??). Der Tatort der Zehennägel. Wär was für Podologen.
Dafür muss er nun aber mit der Entführung seiner Familie rechnen, was ausserhalb des Knasts tatsächlich auch eintritt. Um sie zu retten, flieht der Mörder dramatisch aus einem Kliniksaufenthalt und wird wieder eingefangen. Steier und Mey sind nun die eigentlichen Protagonisten. Um die Ehefrau zu befreien - ihr Kind wird auf einer Strasse gefunden (wohl um eine unnötige Dramatisierung zu vermeiden) - müssen Steier und Mey in Aktion treten  Steier erschießt den Entführer, und alle haben nun Zeit, über die Geschichte nachzudenken.
Bewertung: in den Medien wird er ja hochgelobt, beide Kommissare bekommen Bestnoten. Für Steier schließe ich mich an. Vom PLot selber - nun, obwohl real gezeichnet, aber dennoch - spannend war  er nicht. Note drei.

Montag, 8. April 2013

Eine Handvoll Paradies

Schlechter Tatort, sehr schlechter Tatort. Würg.
Dabei handelte es sich um eine neue, schreckliche und daher unbedingt ohne Rücksicht auf Handlung und Logik zu verfolgende Geschichte der Aufdeckung und Vernichtung eines Drogenhändlerringes, personifiziert durch eine saarländische Rockerbande. Sowas aber auch - ich wusste gar nicht, dass es sowas überdurchschnittlich Schreckliches hier im unterdurchschnittlichen Saarland überhaupt gibt.
Während ich den ersten "saarländischen" Tatort recht ungewöhnlich und daher gut fand, kann ich hier nur sagen, schreckliches Geschehen auf dem Bildschirm. Heiter-spannend? Lachhaft-langweilig.

Läppisches Getue  unlogische Handlung, irre Staatsanwältin, und Devidle hier eher kasperlehaft. Di weibliche Person - deren Namen man sich nicht merken muss - nebensächlich. Dieses Adjektiv gilt allerdings auch für den ganzen Tatort. Schade.
Das war verlorene Zeit und ärgerliche dazu.
Die zum großen Teil unappetitliche Handlung, getragen (mehr oder weniger) von Vespafahrer Jens Stellbrink (Devid Striesow) und Lisa Marx (Elisabeth Brück), spielt in diesem Rockermilieu wo einer derselben ermordet wird. Konflikt: die Rockerbande mischt auch in einem Drogendeal mit - siehe oben. Stellbrink verheddert sich unauflösbar in diesem Milieu, und alles wird noch schlimmer, als eine Thailänderin als Transvestit geoutet wird  Unglaubwürdige Geschmacklosigkeit.  Zum Schluss, Stellbrink allein gegen alle - kommt als Rettung wie im Märchen dann doch die Polizei, keiner weiß, wer sie gerufen hat. Aber das happy End tritt halt ein. Unaufhaltsam. Ungeheuer geschmacklos.
Die raren schönen Seiten des Saarlandes (Gau und Meisterhäuser in Wehrden) wurden zwar gezeigt, aber doch mehr am Rande. Auch kein großer Wurf.
Also: Schlechter Tatort. Sehr schlechter Tatort.
Warum, warum nur hat man Kappl und Deininger abgesägt? Immer wieder die gleiche Frage.  Und immer wieder unbeantwortet.

Dienstag, 2. April 2013

Macht und Ohnmacht

Ein Münchner Tatort mit Leitmeier (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) war das, der sich als pseudo-moderner und auf publikumswirksam gemachter Krimi entpuppte. Warum das? Nun - ich habe noch nie soviele nackte Polizisten beim Duschen bewundern können, beim - unvermeidlichen - Geschlechtsakt sowieso und spärlich bekleideten Spurt durch das Polizeipräsidium. Doch das sind Äußerlichkeiten, die nichts bedeuten, wenn die Handlung stimmt. Und in diesem Film stimmte sie - aber nur bedingt. Es trat auf auch ein alter Bekannter, nämlich Carlo, früherer Ermittler und Computerspezialist, aus Thailand importiert und sofort in ein gruseliges Drei-Leichen-Szenario verwickelt.
Es war ein Fall eigentlich für interne Ermittlungen, verrucht und verdorben, wie diese Polizeiwache war. Es ging um einen ermordeten Informanten, der als Bruder eines ebenfalls verruchten Rechtsanwalts, Frauenschläger nämlich, zum Ziel des selbstgerechten Polizisten Matteo Lechner wird - anscheinend. Ein zweiter Polizist ist der eigentlich Schuldige und übt ein bisschen Selbstjustiz aus. Er erschlägt den Informanten, den Polizisten Matteo bringt er wegen eines belastenden Videos um. Anfangs erschießt sich sogar noch ein Polizist nackt vor aller Augen. Wegen der Verruchtheit  lernen wir. Wer sind die Guten, das ist also die Frage?? Natürlich nicht der biedere Streifenpolizist, sondern unsere Kommissare und der zugereiste Carlo.
Fazit: Krimi mit mittelmäßiger Spannung, geschmacklosen Nacktszenen, böser Polizei. Eigentlich nicht gut, aber soo schlecht nun auch wieder nicht.

Montag, 11. März 2013

Willkommen in Hamburg

Um es gleich klar zu machen: mir hat der Schweiger-Tatort aus Hamburg nicht gefallen.
Bumm-Bumm-Schweiger (Til Schweiger als Nick Tschiller) - das kann Schimmi besser und der ganze Plot war eher tatort-alltäglich. Was ist mit den ironischen Münsteranern, was mit den spinnerten neuen Devids, was mit Ritschi oder mit Ballauf etc.?
Hier dagegen jede Menge Leichen, drei am Anfang, die Nick umlegt, wilde Aktion, bei der man immer wusste, wer siegt und warum der Böse immer unterliegt. Verschreckte Mädchen, schreckliche Bösenhelferli, alles sehr auf Oberflächlichkeit angelegt. Ein Oberbösewicht sitzt im Knast und leitet von dort seine Bösartigkeiten. Hatten wir alles schon.
Ein Seitenwechsler - früher LKA, jetzt Geldmacher mit Mädchenhandel (Mark Waschke als Max Brenner) taucht auf und fährt ein rassiges Sportauto. Was sonst.
Und alles dreht sich um ein kuhäugiges, russisches und minderjähriges Mädel mit Blasefähigkeit, dessen Schwester ebenfalls im Boot ist und natürlich gerettet wird. Alles Klischee, alles sehr klar und eindeutig um diesen Nick herum angelegt, sogar eine viel zu attraktive Staatsanwältin, die versucht, diesen Nick wegen "letalen Waffengebrauchs" zu behindern. Klar, vergeblich!
Irgendwie auch überdreht, der angeschossene Partner (Yalcin Gümer, gespielt von Fahri Yardim) ist ein begnadeter Hacker und kann alles, löst alle Probleme mit einem simplen Laptop im Krankenbett, also nee... Was sagt C'T dazu? Der Bundesdatenschutzbeauftragte wird heulen und mit den Zähnen klappern.
Schließlich kommt es zu einem Showdown und alles wird gut. Irgendwie. Sogar der Überläufer wird nach einem Angstszenario (Bombe im Auto) der Staatsanwaltschaft überstellt.
Es spielte übrigens auch mit: die Elbphilharmonie als Fluchtort für das Mädel. Das war dann wohl der kulturelle Beitrag zu diesem ansonsten eher kulturlosen Tatort. Sparsamere Handlung und mehr Melancholie wäre besser gewesen, denn trotz aller Tatort-Erfolge: der Mädchenhandel bleibt leider bestehen. Eine kriminelle Konstante. Das hätte man darstellen sollen.
Und dann spielte da noch ein Frühstücksei und seine Zubereitung eine Rolle. Familiäres Zentrum oder Ablenkung vom wüsten und ach so harten Alltage des Superhelden? Hihihi
Wie gesagt, mir und Peter Sodann hat er nicht gefallen, weder Nick noch der Plot.

Montag, 25. Februar 2013

Puppenspieler

Bremen: Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und Hauptkommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) sind die Ermittler, zusammen mit dem volksphilosophischen Dicken, Leo Ulfanoff (Antoine Monot jr.), und der hat plötzlich eine sehr im Prüden gehaltene Affaire mit jener Inga. Na sowas, besonders weil der Böse seinen Sex in einem Video ungehemmt mit einer Minderjährigen, genannt Mel, ausleben kann. Die Guten treiben es im Hintergrund, die Bösen in aller Öffentlichkeit, das ist die sexuelle Freiheit im Fernsehen, inzwischen. Nicht dass ich das offen gesendete Beischlafen kultiviert fände, darum gehts ja auch garnicht.
Doch zurück zum Thema. Das handelt von den Bösen, die mitten unter uns sind und immer mehr auf den oberen Rängen der Gesellschaft ihren Platz finden,was ja nicht neu ist.
Eine Richter-Riege soll ein Bremer Umweltthema ("Weservertiefung") juristisch absichern. Eine Bürgerbewegung schreckt auch vor der Sexulavideobelastung (s.oben) des einflussreichsten der Richter nicht zurück, um ihn zu Einlenken zu zwingen. Doch es kommt gleichzeitig ein zweites Video der gleichen Gelegenheit auf, das von zwei Junkies (Ole und Mel) abgedreht wird, deren weiblicher, minderjähriger Anteil den Richter im Hotel im Bett hat. Eine simple Erpressung geht ab. 50.000 Euro sollen fließen.
Leider hat dieser Richter aber beste Beziehungen zum BKA. Jetzt tritt das BKA mit helfender Hand als Killerorganisation auf die Bühne und "erledigt" per "Avatar" den Junkie Ole; es hat schon eine ganze Menge anderer Fälle ähnlich beseitigt, im Sinne eines gerechten Kampfes gegen das organisierte Verbrechen. Die Kleine Mel, Hürchen und Straßenkid, soll als nächste dran glauben. So wird aber das BKA selber zum Bestandteil dieses Verbrechens. Wir sind alle von diesen Avataren,den Phantasiefiguren,denen man nichts nachweisen kann, umzingelt.
Rechnung ohne Stedefreund, der übrigens hinschmeißen und nach Afghanistan machen will, und Konsorten! Die klären auf, Mel ist gerettet und wie. Und komischerweise, obwohl der Richter den Satz fallen läßt: "Wenn ihr mir nicht helft, dann bebt Berlin", wandern alle in den Knast... Alles ist gut
Fazit: irgendwie zwar spannend, aber doch überzogen, und deutungsbedürftig. Der Ansatz, dass die, die das Verbrechen bekämpfen sollen, zwangsläufig selber zum Verbrecher werden müssen, ist schon spannend,aber nicht konsequent umgesetzt. Technik über alles, Anleihen an minority report etc. lassen sich nicht verheimlichen. Tatort aus Bremen: schon bessere gesehen.

Montag, 18. Februar 2013

Zwischen den Fronten

Ein Tatort als Politthriller. Und zwar ein spannender, ein guter. Auch sowas gibts heute und stützt meine Meinung, dass die Qualität der Tatort-Inszenierungen zugenommen hat. Erfreuliches Geschehen im Reiche der Öffentlich-Rechtlichen.
Der Tatort spielt in Österreich und in einem rechtsradikalen, fremdenfeindlichen und rassistischen Milieu. Die Kommissare sind Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser als Moritz Eisner und Bibi Fellner. Beide in gelungenen Rollen! Bei einer internationalen Konferenz kommt es zu einem Selbstmordattentat gegen den Vorsitzenden, einen Amerikaner, das aber keines ist, sondern sich gegen einen jungen Moslem richtet, der auf eben die Konferenz einen Vortrag halten soll.
Zunächst sieht es noch so aus, dann stellt sich aber heraus, dass es auch eine Beziehungstat sein könnte, und die beiden Kommissare ermitteln in diese Richtung. Doch im Hintergrund spielen andere die Musik. Dort läuft ein Spiel um rechte Minister, rechtsradikale Organisationen (Burschenschaft - ich hör dich trappeln...) und um übergeordnete Dienststellen (dort heißt das Bundesverfassungsdienst f. Terrorbekämpfung BVT). Die weibliche Gegenspielerin, eine Frau Major (die haben ja dort alle militärische Ränge) Warig, die auch sehr gut spielt, steigert noch die Rivalität der beiden Dienste.
Als der dubiose Ministerkandidat Michalski den Fall nach dem Selbstmord eines Verdächtigen ad acta legen will, kommen die beiden Ermittler erst richtig in Fahrt. Sie decken eine rechtsradikale Organisation auf, die bis in höchste Regierungskreise reicht, aber - und das ist das Niederschmetternde, durchaus real und mächtig ist: sie scheitern, die Festnahme der Mörder wird "von oben" verhindert. Das eigentliche Ziel war es, durch das fingierte Selbstmordattentat ein Überwachungsgesetz zu erzwingen, das den rechten Kräften hätte nützen können; das wurde zwar nicht in die Tat umgesetzt, und die rechte Organisation zumindest ausgebremst. Zerschlagen wurde sie aber nicht...
In Österreich,wo ein Herr Haider möglich war und rechtsradikale Burschenschaften mit Anschluss an die Gesellschaft (Akademikerball) agieren, scheint dieser Tatort "aus dem Leben gegriffen" zu sein.

Montag, 11. Februar 2013

Schmutziger Donnerstag

Es sind sich diesmal alle einig: der Schweizer Tatort aus Luzern ist gut. Aktuelles Outfit, spannende Handlung und gute Fotografie - alles hat gepaßt und die Akteure sämtlich einheitlich gut, wenn auch verständliches Sprechen vielen schwerfiel. Das ist aber ein Zeichen der Zeit, so gute Sprachbeherrscher wie Gründgens oder Heinrich George (Sohn: furchtbar) kommen nie wieder.
Aber keine Ablenkung: was war die Handlung? Zur besten Fastnachtszeit in Luzern spielen auch die Zünfte, mittelalterliche Protektionsgenossenschaften und Seilschaften, mit, von denen ein sehr undurchsichtiges Mitglied während der Fastnacht und in voller Maskierung, ermordet wird. Meisterliche Masken geistern umher und machendas Ganze unwirklich. Man ist an Ensor erinnert und auch an Venedig und die Serenissima. Auch Zuckmayers Fastnachtsbeichte lieg mir im Sinn.
Es handelt sich um eine persönliche Rache gegen diese Zunft und die wird in allen Verkleidungen spannend bis zum Höhepunkt getrieben. Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) spielen sehr überzeugend. Der immer wieder neu verkleidete Mörder führt alle an der Nase herum, und das müssen auch Flückiger und seine lesbische Assistentin erleben. Zum Schluss kommt es alles ganz anders und zum verdienten und nicht überzeichneten Showdown.
Der Schweizer Tatort hat sich damit in die Oberliga hochgespielt.

Montag, 28. Januar 2013

Melinda

Das isser also - der erste Saarland-Tatort nach dem Rausschmiß der beiden Gregor Weber und Maximilian Brückner. Die mediale Öffetnlichekit hat schon vorab vom "dümmsten" Krimi aller Zeiten (Die Welt) gesprochen und hier vor Ort, alo im kleinen Saarland ohne Daseinsberechtigung, war man mehr als gespannt auf die beiden Neuen. Diese waren eine gewisse Elisabeth Brück und ein schon etwas bekannterer Devid Striesow (der an der Seite der unvergleichlichen Hannelore Hoger als Bella Block eine sehr gute Figur machte). Diese Brück, eine Saarländerin aus Ensdorf, gab die Lisa Marx,der andere war der "neue" Kommissar Jens Stellbrink.
Um es vorweg zu nehmen, das Tatortspiel war durchaus ansprechend und keineswegs "dumm". Es war sogar irgendwie intellektuell-schräg und das im Saarland, und noch nicht einmal übertrieben. Eine Zeitung schrieb, der Tatort habe etwas von Monty Python gehabt. Das stimmt sogar, so eine Nuance Skurrilität, die in vielen anderen todernsten Tatorten so sehr fehlt. Vielleicht die Münsteraner, aber doch nicht in dem Ausmaß.
Die Handlung: ein kleines arabisches Mädchen wird von einer Bande Araber verfolgt und flieht in einem Supermarkt zu eben dem neuen Kommissar, der sich dort Gegenstände für seine neue Wohnung zusammenstellt. Die Araber sind Mitglieder eines Drogenkartells, das die verpackten und nun verschluckbaren (swallow pads) Kokain-Packungen auch Minderjährigen eintrichtert. Das Mädchen Melinda ist eine solche. Mutter, Vater und Dolmetscher, der später zum Mörder der "Mutter" mutiert, gehören diesem Kartell an. Es kommt zu skurrilen Verwicklungen, bei denen der Neue sich allerhand Esoterika hingibt; er "spürt" den Tathergang während einer Yoga-Sitzung, statt dass er ihn ermittelt. Skurril-hinreißend auch eine Miss-Marple-hafte Saarbrückerin, die bei den Ermittlungen hilft. Absonderlicher Einfall auch das Versteck in einem ehemaligen Volkspark ("Gulliverland" mit Mini-Ausgaben berühmter Bauwerke; das gab es in SB wirklich - ich erinnere mich noch daran - ist jetzt maximal verfallen.)
Wahnsinnig komisch auch die Staatsanwältin, die durch "internationale" Verwicklungen im Verlauf der nordafrikanischen Problemkaskade ziemlich gehemmt, in ihrer Wirtwahl eher ungenehmmt daher kommt, und quasi eine weibliche Schießbudenfigur abgibt. Sehr gut.
Zum Schluss ein Shutdown an der frz. Grenze, die es ja eigentlich nicht mehr gibt. Das wirkte fast wir ein Zeitsprung in die Zeiten des seligen Louis de Funes...
Und dann ein happy end: Melinda wurde gerettet. Für den Neuen. Die Brück eher in einer Nebenrolle gegen den vorzüglichen Stellbrink.
Kritisch anzumerken wäre, dass das Saarland als Region in diesem Tatort nicht vorkam. Kein Marketing-Gag war zu sehen. War das jetzt ein Fehler der Dramaturgie oder gewollt? Denn in 10 Jahren etwa gibt's das Saarland sowieso nicht mehr.
Man freut sich auf weitere Folgen, denn eigentlich war der Tatort weder dumm noch langweilig. Er war einfach heiter-spannend! Jawohl.

Dienstag, 8. Januar 2013

Machtlos

Die Kommissare Till Ritter (Dominik Raacke und Felix Stark (Borsi Aljinovic in Berlin sind machtlos. Denn ein Kidnapper (Edgar Selge) entführt das einzige Kind eines reichen Bankers. Natürlich, er will Lösegeld, und zwar nicht zu knapp, in zwei "Tranchen". Die erste - 500.000 - gibt er nach der Übergabe auf dem belebten Alex in Berlin an zufällig Vorüberkommmende aus. Er verschenkt das Geld, dann - er wird von der geballten Kraft der Berliner Polizei beobachtet - lädt er eben diese ein, ihn zu verhaften. Was die zunächst mal nicht tun, denn er könnte sie ja zu dem Versteck des Kindes führen. Doch er provoziert sie so, dass sie ihn dann doch verhaften. Nun kommt's: er will das weitere Lösegeld von der Familie - 10 Mio. Nicht wenig, und das unter den Augen der Polizei. Nur dann wird er das Versteck preisgeben, aber die Zeit läuft, denn das Kind hat nichts mehr zu trinken. Es wird also verdursten.
Es entsteht ein Wettlauf gegen die Zeit, und die beiden Kommissare können nichts tun; sie sind machtlos, denn der Kidnapper, der intensiv verhört wird (nah am Foltertatbestand) schweigt.

Der Kidnapper heißt Uwe Braun und hat eine bewegte Vergangenheit, die wirtschaftlich von eben dieser Bank bestimmt, d.h. ruiniert wurde. Das liegt zwar lange zurück, und es kann sein, dass dieser Uwe Braun, mit einer recht zerstörten Familie (zwei Kinder, die nichts mit ihm zu tun haben wollen) einfach Rache üben will. Doch das stimmt eben nicht. Er will "ein Zeichen setzen" und möchte das Geld gegen den Hunger in der Welt verwenden, ein ehrenhafter Kidnapper also, verrückt und doch logisch irgendwie, wenn er sagt, dass das Leben des entführten Kindes gegen das der Tausende Kinder steht, die täglich hungers sterben in der Welt. Verrückt, aber plausibel. Und sehr gut gespielt von Edgar Selge. Aber auch die Kommissare sind gut, zurückgenommen und eben rat- und machtlos. Die überraschend Lösung ist, dass das Zeichen - nach einer anrührenden Konfrontation mit dem verlorenen Sohn (Sohn des Selge im wirklichen Leben) aus Zürich - wirklich gesetzt wird.
Es kommt zu einer überraschend Lösung:
Er sieht die Unmöglichkeit der Geldübergabe unter den Augen der Polizei ein, verlangt daher in einer Gegenüberstellung mit der Mutter, dass die Millionen nun von ihr selber zweckgebunden, so wie er das will, eingesetzt werden. Dann wird er das Versteck preisgeben. Das wird von allen, auch erleichtert, akzeptiert und das Kind wird - lebend - gefunden.
Der Tatort ohne Leiche. Der Tatort psychologisch auf hohem Niveau und mit authentischen Szenarien. Der Tatort: eben gut.
Sollten wir auf dem Wege in eine neue, eine bessere Tatortwelt ein?

Mittwoch, 2. Januar 2013

Der tiefe Schlaf

Die Münchner Leitmayr und Batic (Udo Wachtveitel und Miroslav Nemec) ermittelten gestern wieder, doch ging nichts so wie es in einem Tatortschema eigentlich zuzugehen hat:
Leiche, Spuren, Verdacht, Theorie, (noch 'ne Leiche), Dramatik, Lösung. Ende an der Currybude, oder einer ähnlichen Institution.
Nein, dieser Tatort, vielleicht leiten dieser und der mit der Furtwängler zu neuen Tatortwelten über, wurde klischeelos und schlüssig-spannend bis zur letzten Minute vorgetragen. Es ging um einen Mädchenmord, auf einsamer Straße, doch um diesen weniger als um den unglaublich mitreißenden Auftritt des Polizei-Adepten Gisbert Engelhard (Fabian Hinrichs), eine wahre Entdeckung. Der nämlich, in jedes Fettnäpfchen bei den altgedienten Kommissaren stolpernd, hat als Fernmelder jahrelang bei der Bundeswehr gedient; also auch solche Antirambos kommen bei der Bundeswehr vor? Und jetzt soll er eine Art Verstärkung bei der Aufklärungsarbeit der beiden sein und siehe da, in etwas trotteliger  aber liebenswerter Art schafft er sogar Lösungshilfen, die jedoch meist im Unklaren verdämmern. Wie überhaupt der Tatort einer der persistierenden Unklarheiten ist - bis zum Schluss, denn eine richtige Lösung, mit Gutmenschen und Bösewichtern, die eingelocht werden, gibt es nicht.
Dieser Gisbert, ein Antiheld, kein Draufgänger, man würde sagen, ein Softie, besticht durch das Unkonventionelle, die andere Art; vielleicht auch ein Zugeständnis an die heute geforderte neue Männerolle. Naja, denn er scheitert ja, bezahlt sein Softiedasein mit dem Leben. Paradigma der Sanftmütigkeit?.
Der aufwühlende Schwenk der Handlung ist ja dann auch der Tod ebendieses Adepten durch den Mörder selber, grausam provoziert durch die Besserwisser-Kommissare, die dann - recht glaubwürdig - sich schuldig fühlen und leiden wie Hunde. Der Zuschauer ist ziemlich mitgenommen, selten bei so abgebrühten Tatortkonsumenten wie dem Autor.
Der Mörder dann - akustisch entlarvt durch eben die Vorarbeit dieses armen Teufels Gisbert, dem unsere Sympathien gehört - entkommt, aber er wird nicht gefangen, das wäre auch zu schön, sondern er wird auf der Flucht vor den nun recht unprofessionell agierenden Kommissaren, von einem Auto überfahren.
Offen ist, ob der nun wirklich der Mörder war. Alles unklar eben. Und unsicher.
So kann das wirkliche Leben sein: scheitern wie und wo immer, versagen und verkümmern. Aber auch Besinnung, nachdem es "passiert" ist. Alle Akteure glaubwürdig und konsistent.
Leichen werden übriges nicht gezeigt, nur in Andeutungen. Sympathischer, aufrührender Tatort. Den Gisbert übrigens möchte man öfter sehen.