Montag, 17. Dezember 2012

Das goldene Band

Das war die Fortsetzung des so ungewöhnlich geendeten letzten Tatorts mit Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler).
Man hatte eigentlich nicht mit einer Fortsetzung gerechnet, da es authentisch wirkte, wie die erschütternde Zuspitzung der Zwangsprostitution als perpetuum mobile in Szene gesetzt wurde, Ende also offen. Täter scheinbar gefaßt - so war das, und das wirkte.
Und ich tue mich schwer, den Tatort gestern mit gleichem Enthusiasmus wie den vorigen zu feiern. Sicher auch der war spannend, aber er hatte Schwachstellen. Z.B. die doch etwas unerwartete Doppelreise nach Weißrussland, mit dem schwierigen Jan. Dort die melodramatische Zuspitzung mit Mordversuch an der Lindholm, die dann durch ebendiesen Jan gerettet wurde. Durchschaubar spannnungsteigernde Einlage. Musste das sein? Oder die nun doch wieder moralisch hochpositive Lindholm-Lösung: alle bösen Promis werden der gerechten Strafe zugeführt. Die Bullen sind mal wieder die Guten. Und alle Männer die Bösen; weg mit ihnen! Wegsperren oder Abschieben.
Gut übrigens ein neues Gesicht: Alessija Lause als Carla Prinz, Ermittlerin aus Hannover.
Und die Ablösung, der Abschuss des Jan Liebermann als lieber Mann? Sicher - der spielte als Enthüllungsjournalist eine sehr zwielichtige Rolle, aber dass nun die spröde Lindholm, übrigens zeitweise mit sehr guter schauspielerischer Leistung, den Liebesentzug draufsetzte - auch nicht soo nötig für die Gesamthandlung.
OK, das Thema musste einem gestelzten Endkonstrukt zugeführt werden - Tatort muss moralisch sein. Aber dieser bekommt nicht die Note EINS, sondern ZWEI minus... Der anschließende Talkshowrummel mit Jauch und den eigentlich ganz interessanten Gästen, Alice Schwarzer, einem Bordellbesitzer und einer Nutte, sowie Künast und einem Bullen, diese Talkshow war kaum erhellend, außer mit der Forderung, nun die Freier als eigentlich Schuldige, zu "ächten", so A. Schwarzer. Ob das die Lösung beim ältesten Gewerbe der Welt ist? Das auch ohne Zwang die Jahrtausende überdauert hat? Und ist Deutschland wirklich die Bordellhochburg nach der grünen Deregulierung?
Ein richtiger Satz fiel jedoch auch: die Zwangsprostitution muss in den Herkunftsländern bekämpft werden, und zwar durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperitätsprogamme. Nur wo die Armut abnimmt, nimmt auch das organisierte Verbrechen ab!!

Dienstag, 11. Dezember 2012

Wegwerfmädchen

Ich behaupte mal, dass dieser Krimi einer der seit langem besten publizierte Streifen war, den ich gesehen habe.
Begründung:
Es ging um die unbestrittene Tatsache, dass Ausländerprostitution aus den Ostblockstaaten Hochkonjunktur hat, besonders mit Minderjährigen aus sozial (sehr) schwachen Familien. Wie gesagt, bekannt, aber hier auf dem Hintergrund der Hannoveraner Rockerkriminalität, auch eine Tatsache, besonders eindrucksvoll. Frau Lindholm (Maria Furtwängler) spielte gut (aber nicht zu gut), aber die anderen Teilnehmer der Show aus dem Prominentenmilieu Hannovers mindesten ebenso gut.
Eine Beziehungskiste der Lindholm mit einem Pressemann (Benjamin Sadler), der ein Interview mit einem der bigotten Promis führte, machte die Sache würziger.
Rocker, stolz darauf, das Steintor "befriedet zu haben" (sehr gut Robert Gallinowski als Uwe Koschnick, belieferten ebendiese Promis aus dem gehobenen Bürgermilieu (Ärzte, Rechtsanwälte, Investoren) mit diesen Mädchen, von denen zwei in Tötungsabsicht auf Müllhalden entsorgt wurden. Eine davon konnte sich retten , die andere war und blieb tot. Das Verstörende war, dass dieser Tatort kein Happy End hatte. Es wurde ein Täter gefunden (Baueropfer sagt man wohl), ein besonders verstrickter Staatsanwalt erhängte sich, aber sonst blieb alles beim Alten, Zudecken war angesagt.
Sogar der das überlebende Mädchen heimholende Vater (aus der Ukraine) wurde derart bestochen, dass er seine eigene Tochter wieder in die Fänge der Wegwerfbande zurückkehren ließ. Diese wiederum konnte sie in einem Container mit den anderen Mädchen zusammen einer neuen, einträglicheren, "besseren" Zukunft zuführen. Kein Happy End also.
Guter, trauriger Tatort.

Montag, 3. Dezember 2012

Todesschütze

Dieser Tatort spielte in Leipzig mit Frau Simone Thomalla (Eva Saalfeld) und Martin Wuttke (Andreas Keppler) in einem thematisch sehr anspruchsvollen Genre, dem der ausufernden Jugendgewalt und Selbstjustiz, und dazu noch dem der gestörten Vater-Sohnbeziehung - die noch gesteigert durch die Person eines Gewalt-anfälligen Polizisten (Wotan Wilke Möhring). Die Handlung war höchst spannend und in sich geschlossen, wenn auch (aber auch das Teil der Realität) sehr brutal und sicher für junge Leute nicht sehr geeignet. Oder gerade? Denn wenn die Tatortreihe ein kathartisches Element birgt, und nicht immer nur mainstream bedienen soll (was isst man, wie kleidet man sich und wo kann man die nächste Frauenfigur quotig plazieren?), sollte man diesen Film speziell gefährdeten Jugendlichen aus dem Milieu oder der Szene vorspielen. Vielleicht im Rahmen eines Sozialprojekts?
Also: der Tatort aus Leipzig war sehr gut (endlich mal wieder) und die Thomalla spielte zusammen mit dem biestigen Wuttke ein sehr rundes Spiel. Nicht aufgesetzt und ohne Zickengefechte. Möhring wie immer hervorragend. Richtig gut und weiter so. Aber dieser Wunsch wird wohl vergeblich sein, selbst vor Weihnachten.